Manuel Schuster, aktiver Ausbilder der Münchner Baumkletterschule, hat uns Anfang November mit seiner Praxis-Erfahrung bei der Kundenberatung unterstützt. Wir haben die Gelegenheit genutzt und ihn am Ende seiner Aus-der-Praxis-für-die-Praxis-Woche zum Gespräch gebeten. Er hat uns erzählt, wie er eigentlich zum Baumklettern gekommen ist und wie es ihn zur Münchner Baumkletterschule verschlagen hat.
Interview mit Manuel Schuster
Wie bist du eigentlich zum Baumklettern gekommen?
Im Urlaub früher als Kind bin ich gern in die Berge gefahren. Klettern stand da dann natürlich auch auf dem Programm. Und weil ich mich schon sehr früh für Baumpflege und Gärtnern interessiert habe, habe ich mich entschlossen, nach der Gärtner-Ausbildung Arboristik zu studieren. Im Studium habe ich dann die Seilklettertechnik kennengelernt. Und da hab ich mir gedacht: „Hey, Klettern und Bäume als Beruf? Das ist genau mein Ding!“
Das heißt, du hattest von Anfang an vor, nach deiner Gärtner-Ausbildung Arboristik zu studieren?
Ziemlich sicher! Ich wollte tatsächlich immer schon nach der Ausbildung noch studieren. Bereits vor der Ausbildung habe ich vom Arboristik-Studium gehört. Ich habe mich zusätzlich zu Arboristik auch noch für Landschaftsarchitektur beworben. Schlussendlich habe ich mich dann aber doch für die Bäume entschieden.
Warum dafür und nicht für Landschaftsarchitektur? Das hätte sich nach einer Gärtner-Ausbildung ja durchaus auch angeboten. Und vom Baumklettern hast du ja erst während des Arboristik-Studiums erfahren …
Naja, ganz ehrlich? Ich hatte einfach keine Lust auf Planung, Organisation und Neubau. Bis jetzt hat sich das als goldrichtig erwiesen und ich habe meine Entscheidung noch kein einziges Mal bereut.
Zuerst Gärtner-Ausbildung und dann Arboristik also: Die Gärtner-Ausbildung deshalb, weil du schon immer ein Faible für Grün und Draußen sein hattest?
Ich bin ja selbst in einer Gärtnerei aufgewachsen. Früher als Kind habe ich schon immer Bonsais geschnitten und gepflegt. In der TASPO GaLaBau Zeitschrift habe ich dann eben vom Arboristik-Studium erfahren. Und da habe ich mich dann im Grunde für meinen späteren Berufsweg entschieden. Trotzdem habe ich nach meiner Ausbildung tatsächlich erst nochmal als Landschaftsgärtner gearbeitet – allerdings in einer Pflegekolonne, in der Garten- und Grünflächenpflege. Das hat mir deutlich mehr zugesagt, als die ganzen Pflaster-, Neubau- und Tiefbau-Baustellen, die als Landschaftsgärtner und -architekt eben auch dazu gehören. Deswegen war ziemlich schnell klar, dass ich beruflich lieber mit Flächenpflege zu tun haben möchte. Und da kommt man um Bäume eigentlich nicht drum herum.
Also, ist Baumklettern ganz genau dein Ding. Das zeigt sich ja auch daran, dass du nicht nur beruflich täglich auf Bäume kletterst, sondern auch in deiner Freizeit regelmäßig an Baumkletter-Meisterschaften teilnimmst. Was ist das besondere daran?
Ganz klar: Mich treibt der sportliche Ehrgeiz! Sich mit anderen zu messen und die eigenen Fähigkeiten zu vergleichen und einzuschätzen reizt mich als sportlichen Typ einfach. Relativ schnell hat sich aber auch herausgestellt, dass die Meisterschaften für mich auch beruflich und nicht nur sportlich sehr interessant sind. Schließlich sind das ja immer auch Berufswettkämpfe. Man kommt mit Leuten und Kollegen aus der Branche zusammen und tauscht sich aus. So kann ich mich auch beruflich weiterentwickeln durch neue Impulse und Ideen von anderen Baumkletterern.
Schon mein Ausbilder im SKT A Kurs hat mich ermutigt, direkt nach dem A-Kurs die Meisterschaft – allerdings erst einmal nur als Zuschauer – zu besuchen. Da hab ich dann tatsächlich bereits sehr viel mitgenommen.
Bei der diesjährigen Deutschen Baumklettermeisterschaft warst du ja sehr erfolgreich. Herzlichen Glückwunsch noch einmal zu Platz 11! Hast du denn eine Lieblings-Disziplin?
Hmm, das ist schwierig. Da muss ich kurz nachdenken – Arbeitsklettern vielleicht? Wenn ich eine Reihenfolge aufstellen müsste … Hmm … Alle? Bis auf Schnellklettern!
Also, Footlocken bzw. die Fußklemmtechnik ist einfach sehr schön vom Bewegungsablauf her. Da freut es mich persönlich auch jedesmal, wenn ich das in unter 20 Sekunden schaffe. Ich bin schließlich nicht der Größe und bin trotzdem recht schnell. Ich muss das, was mir an Länge fehlt, eben durch Technik ausgleichen.
Genauso, wie es beim Arbeitsklettern auf die richtige Technik aufkommt – auch eine schöne Herausforderung. Und die Rettung bietet einfach so viele Möglichkeiten. Da kann man sich ganz individuell eine Strategie zurechtlegen und Neues zeigen. Da ist man bei der Rettung jetzt zum Beispiel viel freier als beim Arbeitsklettern. Aber trotzdem erwacht natürlich auch beim Arbeitsklettern immer wieder der persönliche Ehrgeiz: diesen Baum, den man zweimal gesehen hat, möglichst schnell und sauber zu beklettern, alles zu erreichen und zu treffen. Das macht auch einfach richtig Spaß!
Nicht zu vergessen, die Wurfdisziplin oder auch Throwline. Das erfordert meines Erachtens am meisten Geschicklichkeit und auch ein bisschen strategisches Planen. Das ist mit die wichtigste Disziplin einer Meisterschaft! Vor einem Publikum zielgenau möglichst viele Punkte zu erreichen, ist wirklich schwierig. Da zeigt sich, wer es wirklich drauf hat.
Während deiner Aus-der-Praxis-für-die-Praxis-Woche hast du einen Workshop rund um das Thema „Aufstiegstechniken“ gehalten. Warum genau zu diesem Thema? Was reizt dich daran? Gab es vielleicht einen bestimmten Auslöser?
Der Auslöser ist vielleicht tatsächlich die diesjährige Deutsche Meisterschaft gewesen. Wie ich schon erwähnt habe, dienen die Meisterschaften auch immer dem Austausch untereinander und der Vernetzung der Branche. Häufig werden dort neue Techniken entdeckt, verbreitet und auch weiterentwickelt. Das führt dann auch zur Anpassung des ISA Regelwerks und zur Zulassung neuer Techniken in der Meisterschaft, wie zum Beispiel das Klettern mit Rope Wrench und SRT (Single Rope Technique). Das ist ja dieses Jahr zum ersten Mal erlaubt gewesen.
Allerdings hat es hier ja dann auch Probleme gegeben: Es ist entschieden worden, dass man eben nicht nur an einer Klemme hängen darf. Außderdem kann ein mitlaufendes Auffanggerät an einem gespannten Seil nicht greifen. Deshalb ist es notwendig, sich zum Beispiel beim „Handsfree“-Aufstieg noch einmal ein paar Gedanken zu machen: Wie komme ich eigentlich wieder runter? Und darüber habe ich im Workshop gesprochen. Wie kann man das System effektiv auf Abstieg umbauen? Oder verwendet man vielleicht doch gleich ein anderes System – zum Beispiel ein System mit Rope Wrench und Klemmknoten.
Wie man aufsteigt und sich auch effektiv wieder abseilt – da ist immer auch ein Stück weit Eigenverantwortung gefragt. Denn bislang gibt es dafür einfach noch keine genormten Geräte. Schließlich steht das auch in jeder Norm: Sie sind nicht allumfassend. Letzten Endes liegt es also in der Eigenverantwortung des Anwenders der Geräte, wie er damit umgeht!
Eine letzte Frage zum Abschluss: Wie bist du eigentlich zur Münchner Baumkletterschule gekommen?
Vor acht Jahren habe ich meinen SKT A Kurs bei der MBKS gemacht. Eigentlich wollte ich den Kurs ja 2007 an der HAWK machen – dort habe ich Arboristik studiert. Allerdings hat das dort mit der Organisation nicht hingehauen und deshalb konnte ich den Kurs nicht in den Semesterferien machen. Auf Anraten von Freunden und Studienkollegen habe ich mich dann bei der MBKS für den Kurs angemeldet.
Auf dem Kurs hat mich mein Ausbilder Jürgen Unger dann auch direkt gefragt, ob ich nicht einen Job bräuchte. Er hätte da etwas für mich. Das Angebot habe ich zwar nicht sofort angenommen, sondern ein Jahr später dann als studentische Aushilfe. Nach meinem Studium hat Jürgen mich dann fest eingestellt.
Jürgen ist ja selbst lange Jahre Ausbilder an der MBKS gewesen. Meinen SKT B Kurs habe ich dann auch noch dort gemacht. Als die Schule 2010 neue Ausbilder gesucht hat, hat Jürgen mich empfohlen und ich habe mich auch gleich beworben. Tja, und wie man sieht, bin ich auch genommen worden. Vielen Dank an dieser Stelle noch einmal an Jürgen!
Diese Geschichte kommt mir bekannt vor. So ähnlich hat Tom Eckert das auch schon erzählt …
Ja, witzigerweise haben wir genau auf der Baustelle, auf der Tom das erste Mal für Jürgen gearbeitet hat, auch tatsächlich zum ersten Mal zusammengearbeitet.
Vielen Dank, Manuel, dass du dir die Zeit genommen hast! Wir freuen uns schon aufs nächste Mal, schließlich sind aller guten Dinge drei …
Unser Tipp: Nikolausparcours 2015
Manuel hat für unsere diesjährige Nikolausparty etwas ganz besonderes für euch vorbereitet. Beim Freeworker Nikolausparcours 2015 könnt ihr euer Können untereinander messen. Im Video zeigt Manuel, wie das aussehen kann. Wie genau ihr aber den Parcours beklettert, könnt ihr selbst entscheiden. Ihr müsst euch nur an die Rahmenbedingungen (PDF) halten.
Aus der Praxis für die Praxis 2016
Auch die nächste Aus-der-Praxis-für-die-Praxis-Woche steht bereits fest: Voraussichtlich von 18. bis 22. Januar 2016 wird Jürgen Unger bei uns im Verkauf tätig sein. Er ist lange Ausbilder bei der Münchner Baumkletterschule gewesen und kommt aus dem hohen Norden zu uns nach Bayern.