Moritz Theuerkauf, Ausbilder der Münchner Baumkletterschule, hat an der Weltmeisterschaft im Baumklettern 2013 in Toronto teilgenommen und dort den elften Platz belegt. Uns hat er einen ganz persönlichen Einblick gegeben, wie er diese Tage erlebt hat und welche Hindernisse manchmal schon vor dem eigentlichen Wettstreit auf die Teilnehmer warten.
Startschwierigkeiten in der Heimat
Die eigentliche Herausforderung bei der diesjährigen Baumkletter-Weltmeisterschaft im fernen Kanada begann nicht erst vor Ort am Wettkampftag, sondern bereits in Deutschland zu Hause. Wie schafft man es, die komplette Kletterausrüstung und Kleidung für anderthalb Wochen auf 23 Kilogramm zu reduzieren?
Nachdem diese erste Herausforderung erfolgreich gemeistert worden ist, steigt man aus dem Flugzeug in einem anderen Teil der Erde. Und schon folgt die nächste Challenge: Obwohl das Hotelzimmer nicht unbedingt billig ist, lassen sich die Fenster nicht öffnen. Die Selbstmordgefahr sei zu groß. Außerdem ist man umgeben von zahllosen Wolkenkratzern. Es braucht also einen sehr langen Fußmarsch, um die Sonne zu sehen und weit und breit findet sich kein echter, lebender Baum (siehe Bild). Gute (?) Voraussetzungen für ein weltweites Kräftemessen im Baumklettern.
Wettkampfstimmung steigt
Doch nach und nach trifft man alt bekannte Kletterer aus aller Welt. Auch der Materialcheck läuft sehr fair ab – und ist außerdem äußerst interessant, da die unterschiedlichsten Kletter-Equipments zu sehen sind. Der Wettkampf selbst findet auf Toronto Island statt, einer vorgelagerten Insel, die nur per Fähre zu erreichen ist: ein schöner Kontrast zu den Wolkenkratzern. Dort werden dann erstmal die Wettkampfbäume begutachtet. Leider sind die Bäume sehr klein – der Schnellkletterbaum ist nur ca. zwölf Meter hoch. Das bedeutet, dass das Teilnehmerfeld wohl sehr eng beieinander liegen wird. Am Abend vor dem großen Tag steigt die Nervosität dann auch entsprechend an. Obwohl Moritz früh ins Bett geht, kann er lange nicht wirklich schlafen.
Die Weltmeisterschaft startet
Dann heißt es auch schon Wettkampftag und früh wieder aufstehen. Der Treffpunkt an der Fähre ist um sieben Uhr morgens. Trotz des bevorstehenden Wettkampfs ist die Stimmung unter den Kletterern locker und fröhlich. Die Vermutung vom Vortag bestätigt sich. Der Arbeitskletterbaum gibt nur einen sehr kurzen Parcours her. Der schnellste Kletterer erledigt ihn in 1 Minute und 50 Sekunden. Das bedeutet, dass kleinste Fehler ausreichen, um einige Plätze zu verlieren. Das Throwline-Event ist somit der entscheidende Part und extrem wichtig, um das Masters zu erreichen.
Vorwettkämpfe mit kleinen Tücken
Die Rettung besteht in diesem Jahr aus einem verletzten Kletterer, der auf einer Leiter stehend, nur mit Gurtsicherung gesichert, zu Boden gebracht werden muss. Zum Glück gibt es diesmal keine lebensbedrohlichen Krokodile wie 2012 bei der Deutschen Meisterschaft. Viele interessante Varianten, den Verletzten zu retten, sind zu sehen.
Das Schnellklettern ist diesmal wohl eher ein Bonsai-Schnellklettern: Die Weide ist, wie oben erwähnt, nur ca. zwölf Meter hoch und beinhaltet lediglich in der Mitte eine interessante Passage – einen kleinen Sprung. Auch hier liegt das Teilnehmerfeld wieder sehr dicht beieinander. Beim Footlocken erweist sich das Teilnehmerfeld als sehr stark. Mehrere Kletterer liegen unter 15 Sekunden, darunter der amtierende Weltrekordhalter James Kilpatrick (Neuseeland, 13,65 Sekunden für 15 Meter).
Andere Länder, andere Sitten
Nach dem Kräftemessen tagsüber findet Samstagabend eine „Kanadische Party“ statt. Das bedeutet: Ein abgezäunter Bereich auf der Wiese grenzt den Alkoholausschank und all diejenigen, die diesen auch trinken dürfen, von dem Rest der Partygäste ab. Das eingezäunte Areal darf keiner unter 19 Jahren betreten. Kinder müssen also außerhalb des Zauns essen und die Erwachsenen dürfen sich mit Bier nicht außerhalb der Absperrung aufhalten. Andere Länder, andere Sitten. Gegen halb neun werden dann die Masters-Teilnehmer bekannt gegeben. Insgesamt ein sehr lustiger Abend mit 60 Kletterern auf einem Haufen.
Krönender Abschluss: das Masters
Am Sonntag heißt es dann erneut früh aufstehen für die Masters-Teilnehmer, da dieses für die Herren bereits um neun Uhr beginnt. Für eine Deutsche Meisterschaft wäre das unvorstellbar. Das Wetter ist toll, das Masters sehr spannend, anschließend die Siegerehrung. An den darauffolgenden Tagen lautet das Programm für Moritz: Besuch der großen Messe und der ISA-Konferenz mit teilweise sehr interessanten Vorträgen.
Sein Resümee: Schön, dass so viele Kletterer mit unterschiedlichsten Nationalitäten ein paar Tage zusammen verbringen können. Aber andererseits ist es auch ein sehr hoher zeitlicher Aufwand für nicht einmal eine Stunde Klettern gewesen.