Kai Uwe Christ: Head Judge mit Herz

Kai mit Seifenblasen

Er lebt in der Schweiz, ist ursprünglich Pfälzer, liebt Schmetterlinge, wollte Astronaut werden, ist gelernter Elektriker, Kickboxtrainer und wechselte 2003 in die Baumpflege. Seit über 15 Jahren engagiert er sich als Head Judge bei Baumkletterwettkämpfen, gewann dabei den „Spirit of the Competition“-Award bei der WM 2022 für seine herausragende Leistung als Schiedsrichter. Wir bei Freeworker sind der Meinung, zu niemandem passt das Visier des Arbanksy-Helms besser als zu ihm.

Von wem wir reden? Dem Head-Judge und Papa der Throwline-Stationen Kai-Uwe – „Der Kaihai“ – Christ. Nur wenige können sich so mit dem Motiv des Mädchens, das die Wurfleine mit dem Wurfbeutel wirft, so identifizieren wie er. Denn bei der Disziplin Throwline geht es genau darum. Ganz kurz erklärt ist das Ziel der Station, innerhalb von sechs Minuten zwei Wurfleinen in die vorgegebenen markierten Astgabeln zu werfen. Dafür kann es je Wurfleine vier verschiedene Punkte geben: 9, 7, 5 oder 3. Natürlich gibt es noch einige weitere Regeln zu beachten, aber für den Laien ist das Prinzip der Station erklärt.

Wir haben mit Kai über seinen eigentlichen Traumberuf, seinen Werdegang und was es für ihn bedeutet, Head Judge bei Meisterschaften zu sein, gesprochen.

Kai, freut uns, dass du die Zeit hast, uns ein paar Fragen zu beantworten. Wir wissen, du wohnst aktuell in der Schweiz, aber da bist du nicht ursprünglich her. Wo liegen deine wahren Wurzeln?

Meine Wurzeln liegen in der schönen Pfalz, genauer gesagt, in Neustadt an der Weinstraße, dort bin ich auch aufgewachsen. 1998 folgte ich der Liebe in die Schweiz und dort wohne und arbeite ich.

Heute bist du Baumpfleger bzw. Baumpflegespezialist. Wolltest du schon immer in diese Richtung gehen oder gab es früher ein anderes Ziel bzw. einen Traumberuf?

Ich wollte immer Astronaut werden. Ich habe wirklich alles gesammelt, vom ersten Space Shuttle an. Nach der Schule habe ich dann aber die Ausbildung zum Elektriker gemacht, habe die Ausbildung abgeschlossen und bin somit dann auch Elektriker geworden.

Kai ist bei den besten Baumpflegern ganz nah dran.

Okay, eine ganz andere Richtung. Wie kam dann der erste Kontakt zur Baumpflege zustande?

Zum ersten Mal habe ich von der Baumpflege in der Schweiz gehört bzw. gesehen. Es hat mich fasziniert, wie die Baumpfleger in den Bäumen herumgeklettert sind, aber das war nur der erste Kontakt, der erste Funke praktisch. Bis er dann ganz übergesprungen ist, hat es aber noch ein paar Jahre gedauert. Gepackt hat es mich erst, als ich ein paar Jahre später noch einmal ein paar Baumpflegern zuschauen durfte. Ich bin dann zu den Baumkletterern hin und habe gefragt, ob es die Möglichkeit gibt, bei ihnen eine Woche lang in den Beruf reinzuschnuppern. So kam es dann dazu, dass ich die Ausbildung zum Baumpflegespezialisten in der Schweiz gemacht habe und dabei bin ich geblieben.

Als Baumpfleger erfährt man ja selbstverständlich von den Baumklettermeisterschaften, wie war es bei dir? Wann kamst du in Kontakt, vor allem auch mit den ISA-Meisterschaften, wo du jetzt Head Judge bist?

Meine erste Meisterschaft war noch in der Lehrlingsausbildung in der Schweiz, also der erste Kontakt ging relativ schnell. Ich war damals noch Volunteer beim Arbeitsklettern. Mich haben die Stimmung, die Leute und die Kletterer einfach so sehr mitgerissen und begeistert, dass ich weiterhin zu Meisterschaften gefahren bin. Zuerst nur in der Schweiz und dann auch zu anderen.

Wann waren deine ersten internationalen Meisterschaften (Europa- & Weltmeisterschaft)?

Kai bei der Europameisterschaft.

Meine erste Europameisterschaft war hier in der Schweiz (Thun, 2013). Eigentlich hatte ich mich als Volunteer angemeldet. Puk (ein Kollege) kam damals zu mir und hat mich gefragt, ob ich Head Judge Throwline machen möchte und obwohl ich davor bereits über mehrere Jahre Head Judge beim Foot Lock war, war ich wirklich sehr aufgeregt. Es war aber auch ein unglaublich schönes Gefühl, Head Judge der Throwline-Station sein zu dürfen. Ich weiß noch, dass die Station damals auf einer kleinen Insel war, deren einziger Zugang war eine Brücke. So durfte ich jeden Teilnehmer praktisch auf meiner eigenen Insel begrüßen.

Kai bei der Weltmeisterschaft.

Meine erste Weltmeisterschaft war dann Kopenhagen 2022. Zwei Monate zuvor haben Rip und Didj mich bei der Europameisterschaft in Brüssel gefragt, ob ich bei der Weltmeisterschaft ebenfalls Head Judge der Throwline-Station sein möchte. Das war der Wahnsinn. Ich war so aufgeregt und habe so gezittert, weil es schon ein Traum war, der da in Erfüllung ging. Ich war so glücklich und bin es immer noch, wenn ich daran zurückdenke.

Bevor wir weiter auf die WM eingehen, du hast gerade Brüssel angesprochen. Du hast in Belgien bei der Europameisterschaft 2022 kleine Holzbäumchen an Teilnehmer und Aussteller verteilt, wie kam es eigentlich zu diesem kleinen Geschenk?

Mir kam die Idee, weil es die erste Meisterschaft nach Corona war und für mich sind alle Teilnehmer Gewinner. Deswegen dachte ich mir, dass jeder einen kleinen Preis bekommen sollte und so kam es dann zu den Bäumen. Ursprünglich hatte ich für Brüssel nur 90 Stück angefertigt, aber es hat mir so Spaß gemacht, dass es am Ende 170 kleine „Bäumlis“ geworden sind.

Kai und seine verschenkten Bäumlis.

Woraus hast du die kleinen Bäumchen gebastelt?

Die Bäume waren aus einem Stück Holz vorgefräst, also musste ich die in Scheiben schneiden und dann noch schleifen. Anschließend habe ich dann noch, passend zur Throwline-Station, Stücke meiner alten Wurfschnur daran befestigt und so wurde aus ein paar Materialien ein Andenken für alle Teilnehmer.

Dann hätten wir das „Geheimnis“ auch gelüftet. Zurück zu den Meisterschaften. Du hast in Kopenhagen den „Spirit of the Competition“-Award gewonnen. Wie hast du dich da gefühlt und was ging dir durch den Kopf, als du deinen Namen gehört hast?

Kai gewinnt den Spirits of the Competition Award.

Für mich war und ist es das Allerschönste, was ich in meiner Meisterschaftslaufbahn als Judge erleben durfte. Als ich meinen Namen hörte, hatte ich so weiche Knie und der Gang nach vorne war überwältigend, so viele jubelnde Menschen, da habe ich Gänsehaut bekommen und das Gefühl, kaum zu beschreiben. Einfach wunderschön. Ich meine, ich war das erste Mal Head Judge bei einer WM und dann direkt diesen Award zu gewinnen, einfach unglaublich. Ich bekomme heute noch Gänsehaut, wenn ich daran zurückdenke oder davon erzähle. Ich danke allen, die das ermöglicht haben. Ihr seid einfach prima.

Bei so vielen Meisterschaften gab es bestimmt noch einen Moment, der für dich unvergesslich bleibt, welcher ist dir da noch in Erinnerung?

Die doppelte neun von Michal Macan. Ich war so glücklich für ihn, als er die zwei Neuner geworfen hat und es war so ein emotionaler Moment danach, wir haben uns einfach so gefreut, da hatte ich sogar als Head Judge ein paar Tränen im Auge.

Das Zeigen von Emotion als Schiedsrichter ist bei dir wirklich einzigartig. Aber fühlst du dich heute noch genauso wie vor deiner ersten Meisterschaft, wenn du vor Ort bist? Oder bevor es beginnt?

Ja, ich bin bei jeder Meisterschaft dabei und bin immer davor aufgeregt, aber sobald es losgeht ist alles gut und der Spaß kann beginnen.

Was ist die Throwline Station für dich? Sie ist dir ja sichtlich sehr wichtig und du übst deine Aufgabe mit Herzblut aus.

Headjudge Kai und sein Judges Team

Für mich ist die Throwline Station einfach eine wunderbare Station. Manchmal hat man einen guten Wurf und manchmal halt nicht, ist im Leben genauso. Die sechs Minuten, die man Zeit hat, vergehen unheimlich schnell und für mich ist es wichtig, dass jeder Teilnehmer sich in der Zeit wohlfühlt bei mir. Dank der Unterstützung meiner Crew, die da wirklich sehr mithilft, macht es einfach noch mehr Spaß und wenn dann ein Teilnehmer mit einem Lächeln die Station verlässt, obwohl es vielleicht nicht so rund lief, ist es einfach das schönste Geschenk.

Du warst schon bei vielen Events dabei, du hast sogar eine Weltmeisterschaft mitgemacht, was nicht viele sagen können. Hat sich viel verändert über die Jahre?

Ja. Natürlich die Technik, das Material, aber das liegt auch an der schnellen Entwicklung von neuem Material. Vieles ist schneller, aber auch sicherer geworden. Auch die Vorbereitung hat sich verändert, viele Kletterer sind unheimlich gut und präzise auf die Meisterschaften vorbereitet. Da wird auch speziell und präzise dafür trainiert.

Wenn wir beim Thema Veränderung sind, würdest du dir eine größere Bildfläche für Europa- und/oder Weltmeisterschaften wünschen? Sprich, weniger „Arbeitswettkampf“ und mehr „Sportwettkampf“?

Unser Beruf ist so schön. Für mich persönlich ist es ein Arbeitswettkampf und das sollte es auch bleiben.

Das ist ein sehr schöner Wunsch, dass nicht überall Investoren und Geld die größte Rolle spielen. Gibt es noch etwas, was du abschließend zu Meisterschaften sagen möchtest?

Kai erhält den Arbanksy

Ja, ich bin immer wieder dankbar für mein tolles Team bei Meisterschaften. Adolfo Grao ist für mich mein bester Judge an der Wurfstation. Er ist einfach ein toller Mensch. Wer aber bei Meisterschaften auch ganz wichtig ist, sind die Helfer, die man gar nicht so sieht. Viele werden gar nicht gesehen und dabei sind es genau diese vielen Helfer, die eine Meisterschaft erst möglich machen und ohne die gar nichts laufen würde. Und darum möchte ich einfach noch mal „Danke“ sagen und würde sie am liebsten gerne umarmen.

Das ist wahr, ohne die vielen Helfer würde es keine so großartigen Erlebnisse geben. Lieber Kai, danke, dass du dir die Zeit für uns genommen hast. Und bis hoffentlich ganz bald auf der nächsten Meisterschaft. Bis dahin, climb up high und viel Spaß mit deinem Arbanksy-Visier!


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