Wie bewege ich mich am schnellsten und effektivsten im Baum? Auf diese Frage gibt es vermutlich ebenso viele Antworten, wie es Baumkletter*innen gibt. Die Seilklettertechnik (SKT) bietet Baumpfleger*innen jede Menge Möglichkeiten: Einfach- oder Doppelseil? Klemmknoten oder Sicherungsgerät? Welches Gerät? Denn für Aufstieg oder Abseilen, für Arbeitsplatzpositionierung und Sicherung gibt es zahlreiche Seilgeräte. Je nach persönlicher Vorliebe und verwendeter Technik eignen sich andere Abseil- und Sicherungsgeräte oder mitlaufende Auffanggeräte zum Baumklettern.
Tipp
Der Austausch mit Kolleg*innen ist eine unerschöpfliche Quelle für Ideen – gerade in einer Branche mit vielen individuellen Lösungen. Er bietet zudem die Möglichkeit, verschiedene Geräte in der Praxis zu testen, bevor man das neue Gerät kauft. Auch Weiterbildungsmöglichkeiten wie das Climb-Update© der Münchner Baumkletterschule bieten die Gelegenheit, neue Techniken und Geräte zu testen (und die jährliche verpflichtende Unterweisung und Rettungsübung ist gleich mit erledigt).
Bei Fragen hilft Dir unsere Technische Beratung (☎ +49 (0) 8105 – 27 27 210): Unsere praxiserfahrenen Experten helfen Dir kompetent bei der Auswahl des richtigen Gerätes, Fragen zur Bedienung oder zur richtigen Technik. In unserem Shop in Gilching bei München hast Du zudem die Möglichkeit, all unsere Produkte einmal selbst an einem großen Rig zu testen.
Endgültige Antworten auf diese Fragen gibt es nicht. Das muss jede*r für sich nach seinen eigenen Bedürfnissen und Vorlieben selbst entscheiden. Und doch gibt es einige, grundsätzliche Eckdaten in Bezug auf das Baumklettern mit Gerät. Anhand dieser kannst Du Dich für die Technik und das Sicherungsgerät entscheiden, das am besten zu Dir und Deiner jeweiligen Arbeitssituation passt.
Inhalt
Welche Normen müssen Sicherungsgeräte beim Baumklettern erfüllen?
Welche Sicherungsgeräte Baumpfleger*innen beim Einsatz der SKT im Baum verwenden dürfen, hat die zuständige Berufsgenossenschaft festgelegt. Die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) hat alle wichtigen Informationen zur passenden Ausrüstung im Merkblatt B09 „Seilklettertechnik im Gartenbau“ (PDF) auf Seite 5 und 6 zusammengefasst. Sie schreibt vor, dass „Seileinstellvorrichtungen nach EN 12841 oder andere geprüfte Verstelleinrichtungen, die für diesen Zweck gefertigt und zertifiziert wurden“, eingesetzt werden dürfen.
EN 12841-A: Seileinstellvorrichtungen
Sicherungsgeräte, die nach EN 12841-A (PDF) zertifiziert sind, bewegen sich frei auf dem Seil. Sie sind für das Einfachseil, also für die Single Rope Technique (SRT), zugelassen. Außerdem eignen sie sich für den Aufstieg mit Kniesteigklemme und Fußsteigklemme. Zum Abseilen musst Du jedoch umbauen. Trotzdem klettern viele Baumkletter*innen mit diesen Seilgeräten ergonomisch, schnell und effizient.
EN 12841-C: Seileinstellvorrichtungen
Sicherungsgeräte nach EN 12841-C (PDF) musst Du aktiv am Seil bewegen. Auch diese Geräte sind für das Einfachseil gedacht, zum Beispiel für den Aufstieg mit Handsteigklemme und Trittschlinge. Im Gegensatz zu Gruppe A ist es bei Gruppe C jederzeit ohne Umbau möglich, sich abzuseilen. Diese Geräte sind weniger effizient als diejenigen nach EN 12841-A. Sie sind aber dennoch unter den Standardgeräten (beim Baumklettern und auch in der Industrie) eine gute Alternative, da sie weniger Übung benötigen.
EN 358: Verbindungsmittel zur Arbeitsplatzpositionierung oder zum Rückhalten
Auch Sicherungsgeräte, die nach EN 358 (PDF) zertifiziert sind, darfst Du beim Baumklettern verwenden. Sie dienen aber z. B. zur Arbeitsplatzpositionierung und sind für das Doppelseil, also für die Doubled Rope Technique (DdRT), zugelassen. Der Aufstieg funktioniert zwar, zum Beispiel mit Fußsteigklemme, ist aber weniger ergonomisch und Du benötigst viel Kraft. Außerdem musst Du einen Kambiumschoner vom Boden aus einbauen. Die Geräte diese Gruppe zeigen ihre Stärken erst nach dem Aufstieg, wenn es an die eigentliche Arbeit im Baum geht.
EN 353-2: Mitlaufende Auffangeräte
Mitlaufende Auffanggeräte nach EN 353-2 (PDF) eignen sich ebenfalls für den Einsatz beim professionellen Baumklettern. Sie laufen am Kletterseil mit und blockieren im Fall eines Sturzes am Seil. Sie eignen sich für die Arbeitsplatzpositionierung mit DdRT, aber nicht für den Aufstieg. Denn das Seilende darf mit maximal einem Kilo belastet werden, da das Sicherungsgerät sonst nicht blockiert. Beim Aufstieg spannt die Fußsteigklemme das Seil und belastet es mit mehr als dem zugelassenen Kilo. Das führt dazu, dass das Seil im Fall der Fälle einfach durch das Gerät rutscht und die Sicherung nicht greift.
Sicherungsgeräte für Baumkletter*innen
Abseil- und Sicherungsgeräte sowie mitlaufenden Auffanggeräte sind Teil der persönlichen Schutzausrüstung (PSA) von Baumkletter*innen. Denn im Fall der Fälle hängen von diesen Seilgeräten Gesundheit und Leben ab. Die Sicherheit steht beim Baumklettern an erster Stelle. Das Risiko, zu stürzen oder sich zu verletzten, muss bestmöglich reduziert werden.
Baumpfleger*innen und Baumkletter*innen setzen grundsätzlich auf selbstblockierende Sicherungsgeräte. Das bedeutet, dass das Gerät automatisch am Seil blockiert, sobald sie abrutschten und ins Seil stürzen. Manche dieser Geräte verfügen zusätzlich über eine Anti-Panik-Funktion. Das bedeutet, dass der Abseilvorgang blockiert wird, sobald Du zu sehr am Hebel ziehst.
Abseil- und Sicherungsgeräte sowie mitlaufende Auffanggeräte laufen am Seil mit und sichern Dich beim Aufstieg und bei der Arbeitsplatzpositionierung vor einem Sturz. Mit einem Abseilgerät steuerst Du beim Abseilen außerdem die Geschwindigkeit und lässt Dich kontrolliert am Seil ab.
Einsatzgebiete von Sicherungsgeräten beim Baumklettern
Beim Baumklettern setzt Du Sicherungsgeräte für die Personensicherung, für den Aufstieg, zur Arbeitsplatzpositionierung, für das Abseilen und für die Rettung ein. Je nach Konstruktion und Zertifizierung darfst du sie am stehenden Einfachseil und/oder am umlaufenden Doppelseil verwenden.
Oft ist damit das Einsatzgebiet schon umrissen. Denn im deutschen Raum verwenden Baumkletter*innen die SRT meistens nur für den Aufstieg und für die Arbeitsplatzpositionierung die DdRT. Beachte dabei, dass nicht alle Geräte für die Personenrettung zugelassen sind. Außerdem eignen sich nicht alle Geräte, die nach einer der oben genannten Normen zertifiziert sind, auch tatsächlich für die SKT.
Daher ist es wichtig, die entsprechende Bedienungsanleitung aufmerksam zu lesen und Dich bei offenen Fragen beraten zu lassen. Unsere Experten stehen Dir für Deine Fragen Montag bis Freitag von 8:00 bis 18:00 Uhr unter ☎ +49 (0) 8105 – 27 27 210 zur Verfügung.
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Ich bin begeistert von dem Artikel. Er erklärt sehr gut die verschiedenen Normen, Geräte und Einsatzgebiete für die Seilklettertechnik. Ich finde es wichtig, dass Baumpfleger*innen immer auf dem neuesten Stand der Technik sind und sich regelmäßig weiterbilden. Ich selbst habe vor ein paar Jahren einen Kurs bei der Münchner Baumkletterschule gemacht und war sehr zufrieden mit der Qualität der Ausbildung. Seitdem klettere ich regelmäßig mit dem ART Spiderjack 3, da ich es sehr komfortabel. Das Thema Sicherheit betrifft mich persönlich, weil ich schon einmal einen Unfall hatte, als ich mit einem alten Klemmknoten gesichert habe. Zum Glück ist nichts Schlimmes passiert, aber seitdem achte ich immer darauf, dass meine Ausrüstung geprüft und zertifiziert ist. Ich danke dem Freeworker-Blog für diesen informativen und interessanten Artikel.
Hallo Freeworker, ihr habt sehr tolle Artikel, ich bin immer wieder begeistert. Eine Frage beschäfigt mich schon eine Zeit lang. Warum wird beim Baumklettern immer nur an einem Seil aufgestiegen? Warum gibt es kein Sicherungsseil wie beim Industrieklettern? Das hat doch bestimmt einen wichtigen Grund, einen Vorteil, oder?
Vielen Dank euch und viele Grüße!
Olli
Hallo Olli,
Unsere technische Beratung hat uns gesagt, dass Baumpfleger laut TRBS 2121 Teil 3-4.2(8) von der Verwendung eines 2. Seiles ausgenommen sind.
(8) Ergibt die Gefährdungsbeurteilung, dass die Verwendung eines zweiten Seils eine größere Gefährdung bei den Arbeiten bewirken würde, ist die Verwendung eines einzigen Seils zulässig, sofern geeignete Maßnahmen ergriffen werden, um die Sicherheit der Beschäftigten zu gewährleisten. Dies kann z. B. beim Zugang in und dem Weg durch eine Baumkrone zutreffend sein, da auf dem Weg durch das Geäst eine einwandfreie Funktion des Sicherungssystems nicht gewährleistet sein kann.
Hoffe wir konnten dir weiterhelfen. Liebe Grüße,
dein Freeworker Team!