Deutschlandstipendium 2021/22 – Freeworker fördert Lynn-Anna Stollin

Im siebten Jahr in Folge unterstützt Freeworker zusammen mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen des Deutschlandstipendiums Student*innen an der Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst (HAWK) in Göttingen.

2021/22 ist Lynn-Anna Stollin unsere Stipendiatin. Wie ihre Vorgänger unterstützen wir sie zwei Semester lang beim Studium der Arboristik. Gerade in der aktuellen Zeit sind die Bedingungen für Studierende nicht einfach und ein Grund mehr für uns beim Deutschlandstipendium dabei zu sein. Jedes Jahr lassen wir unsere Stipendiat*innen auf unseren Blog zu Wort kommen. Lynn erzählt uns wie sie zur Baumpflege, zum Baumklettern und dem Arboristk-Studium fand. Aber auch wie es ist, in Göttingen zu studieren, welche Auswirkungen Corona hat und wie ihr nächster Hund vielleicht ihr bester Kollege wird.

Lynn, du bist an der HAWK in Göttingen Studentin der Arboristik. Viele der Student*innen und auch deine Stipendiats-Vorgänger haben nicht sofort nach der Schule an eine Ausbildung oder gar ein Studium in diesem Bereich gedacht. Wie war es bei dir?

Kletternde Baumpflegerin in einem Baum

Lynn in der Praxis

Seit ich denken kann, fühle ich mich in der Natur am wohlsten. Mein Abitur legte ich dennoch im Bereich Gesundheit und Soziales ab. Ich merkte jedoch bereits damals, dass dies nicht der Bereich sein wird, in dem ich die nächsten Jahrzehnte arbeiten will und kann.

Wo mich das Leben danach aber hintreibt, davon hatte ich keine Idee. Mein Onkel ist selbstständig in der Baumpflege und kam an diesem Zeitpunkt auf mich zu. Er erzählte mir von einem Studiengang, in dem es um Bäume geht, deren Pflege, Wissenschaft und einiges mehr. Abschließend sagte er: „Schau dir das mal im Internet an, Arborist*innen sind so verrückt wie du.“ Im Netz suchte ich also nach Arboristik und umso tiefer ich mich in die Materie einlas, umso überzeugter war ich, dass dieser Studiengang perfekt für mich ist.

Ein direkter Einstieg in die Branche, aber danach lief es leider nicht ganz rund.

Das war im Jahr 2016. Ich bewarb mich an der HAWK für das Arboristik-Studium und wurde angenommen. Es war für mich eine Umstellung, in einem neuen Bundesland zu sein, in einer neuen Schule und in einem neuen Themengebiet. Schon früher hatte ich Probleme mit dem schnellen Lernen. Aufgrund zunehmender finanzieller Not, Lernschwierigkeiten und weiteren Unklarheiten in meinem Leben unterbrach ich mein Studium im Sommer 2018.

Wie ging es für dich weiter in dieser schwierigen Situation?

Einerseits wusste ich, dass ich mein Studium später weiterführen werde, dennoch wollte ich nicht tatenlos rumsitzen. Deshalb bin ich zu meinem Onkel gegangen und fragte ihn, ob ich für ihn arbeiten kann, um praktische Erfahrungen in der Baumpflege zu sammeln.

Nur als Bodenfrau oder auch mit Kletterschein rauf auf den Baum?

Natürlich, wenn dann richtig! Ich machte den SKT-A und den AS-Baum I und bin voll eingestiegen. Den A-Schein machte ich witzigerweise bei einem eurer Stipendiaten, Jan Tausendfreund. Als wir im Mai 2019 mit der Firma die Fachtagung des Fachverbands geprüfte Baumpfleger e. V. besuchten, traf ich einen Dozenten des Arboristik-Studiengangs der HAWK. Wir kannten uns gut und sind ins Gespräch gekommen. Dabei fragte er mich auch, ob ich nicht wieder zurück zum Studium kommen wollte.

Ich hatte diesen Gedanken schon länger, doch dieses Gespräch hat meine Motivation richtig ins Rollen gebracht. Mit vollem Elan und dem vielen neuen, praktisch fundierten Wissen bin ich dann zurück an die HAWK nach Göttingen.

Es dauerte nicht lange und die nächste schwierige Phase brach über dich, über uns alle herein. Gerade für Student*innen ist Corona mit all seinen Folgen keine einfache Zeit. Auch für Silas, unser letzter Stipendiat, ist die Situation herausfordernd. Wie ergeht es dir?

Studieren in Zeiten der Pandemie ist für alle Lehrenden und Studierenden eine große Herausforderung. Das ganze Studium weitestgehend online und ohne Präsenzveranstaltungen durchzuführen, stellt uns alle vor eine vorher nie dagewesene Hürde. Wie organisiert und lehrt man einen Studiengang online, der von der Praxis lebt, der von Exkursionen getragen wird? Ich glaube, es hat uns allen viel Disziplin abverlangt, so online an der Lehre teilzunehmen, wie wir es in Präsenz getan hätten.

Ich habe bei meinem ersten Anlauf für das Studium zum Glück viele Exkursionen mitgemacht, die meinen Kommiliton*innen nun fehlen. Ich hätte ihnen dieses Erlebnis, diese Erfahrungen und Erkenntnisse gegönnt. Denn nicht jede*r kommt z. B. in den Genuss einer Führung über das Gelände einer großen Hamburger-Baumschule.

Aber die Probleme bei der Lehre mit mangelnder Präsenz sind nicht das einzige drückende Problem für Student*innen?

Die Corona-Zeit hat mich, wie wahrscheinlich viele andere Student*innen auch, finanziell auf eine harte Probe gestellt. Seit vielen Jahren arbeite ich in der Sommersaison in der Gastronomie am Strand an der Ostsee. In der Pandemie kam ich aber nicht mehr nach Mecklenburg-Vorpommern wegen des Lockdowns und der geltenden Regeln. In Göttingen war die Gastronomie ebenfalls geschlossen. Ich konnte neben dem Studium nicht arbeiten und beantragte deswegen die studentische Corona-Hilfe.

Doch auch diese Unterstützung reichte teilweise nicht aus. Es gab eine Zeit, in der die Bibliothek geschlossen war, die nächsten Prüfungen anstanden und ich nicht die finanziellen Mittel hatte, mich angemessen auf die Prüfungen vorzubereiten. Über die HAWK habe ich damals Materialien und von Freeworker die Bücher und andere Materialien, die ich dringend benötigte, gestellt bekommen. Vielen herzlichen Dank noch einmal an dieser Stelle. Ich bestand alle Prüfungen, was ohne diese Unterstützung nicht möglich gewesen wäre!

Puh, keine einfache Zeit. Wir freuen uns natürlich, wenn wir mit unserer Hilfe zumindest ein klein wenig helfen konnten. Wir hoffen, dass mit dem Stipendium die beiden kommenden Semester für dich etwas einfach werden.

Für mich bedeutet die Unterstützung durch das Stipendium sehr viel. Es ist für mich nicht nur die finanzielle Entlastung. Es ist viel mehr die Zeit, die ich nun nicht damit verbringen muss, zu arbeiten oder monatlich Hilfsanträge zu stellen. Ich bekomme dank des Stipendiums Zeit geschenkt, die ich für mich und mein Studium und meinen Hund nutzen kann.

Ich weiß, dass ein Großteil meiner Kommiliton*innen neben dem Studium viel arbeiten, um das Studium in Göttingen zu finanzieren. Daher würde ich es begrüßen, wenn sich mehr Firmen aus unserem Fachbereich beim Deutschlandstipendium engagieren und damit angehendes Fachpersonal unterstützen.

Diesen Aufruf können wir nur unterstützen. Die Hürden und Aufwendungen für die Firmen sind aus unserer Sicht auch nicht zu hoch und viele aus unserer Branche können sich das leisten!

Aber zurück zu Dir. Wie geht es jetzt weiter?

Im nächsten Frühjahr schreibe ich mit meinem Freund, der im gleichen Semester Arboristik studiert, unsere Bachelorarbeit. Wir untersuchen die Standfestigkeit von Alleebäumen im urbanen Bereich. Das Besondere an unserer Untersuchungsreihe ist, dass man vor sieben Jahren die Wurzeln für eine Gehwegsanierung kappte.

Wir wollen mit unserer Untersuchung herausfinden, ob und wie stark sich die Kappung der Wurzeln über die Jahre hinweg negativ auf die Standsicherheit der Bäume auswirkt. Es handelt sich um ein real greifbares Projekt und das ist es doch – um es auf den Punkt zu bringen – warum ich diesen Studiengang gewählt habe.

Und nach dem Studium? Gibt es da schon Pläne oder bleibt das erst einmal noch offen?

Nach dem Abschluss möchten wir in meine Heimat Mecklenburg-Vorpommern ziehen, aber wie es dort konkret weiter gehen wird, dass wissen wir nicht genau.

Weißer Hund und eine Frau

Lynn & Nanoug

Deinen Hund hast du ja bereits erwähnt. Wir wissen, dass du dich auch für das Thema Gehölzpathogenspürhund interessierst.

Das stimmt. Mit meinem Hund bin ich jeden Tag viele Stunden an der Luft und in diesem Sommer belegte ich mit ihm das Wahlpflicht-Modul „Grundlagen der Arbeit mit Naturschutzspürhunden“. Es war super interessant und spannend. Wir erfuhren viel darüber, wie Hunde lernen, verschiedene Gerüche wahrzunehmen und diese anzuzeigen. Nach der Theorie probierten und übten wir mit unseren eigenen Hunden das Suchen und Erkennen.

Diese eine Kurswoche begeisterte mich enorm für das Thema und ich strebe die Ausbildung zum „Gehölzpathogenspürhund“ für meinen nächsten Hund an. Mein jetziger Hund ist bereits zwölf Jahre alt. Auf seine alten Tage muss er nun nicht noch eine derart anstrengende und langwierige Ausbildung durchlaufen.

Das Beispiel der Gehölzpathogenspürhunde zeigt wie vielfältig das Studium der Arboristik ist. Welche Themen und Bereiche liegen dir ebenfalls besonders am Herzen?

Es gibt fast nichts, das mich nicht begeistert und mitnimmt. Aber natürlich sind die praxisnahen Fächer die prägendsten. Wenn ich mich entscheiden soll, würde ich aktuell zwei Module favorisieren, deren Themen mir besonders am Herzen liegen. Da wäre das Modul „Eingehende Untersuchungsverfahren an Bäumen“ und die Vielfalt an Sorten und Arten, die wir im vergangenen Semester unter dem Schwerpunkt des Klimawandels im Modul „Produktion und Pflanzung“ betrachteten.

Und der Studienort? Wie lebt es sich in Göttingen als Student*in?

Wäre nicht Corona gekommen, hätte das eine super Studentenzeit werden können. Ich wohne ein klein wenig außerhalb von Göttingen in einer 4er Arboristik-WG. Dadurch waren wir in der Corona-Zeit und im Lockdown nicht ganz sozial abgeschnitten. Ich glaube, dass es für uns alle in dieser schweren Zeit ein Gewinn war, dass wir vier aus einem Semester und Studiengang zusammenwohnen. Auch wenn man sich manchmal vielleicht lieber mal aus dem Weg gehen möchte, haben wir die Corona-Zeit so bisher ziemlich gut meistern können.

Lynn, vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg bei deinem Studium und den kommenden Aufgaben!


Die Freeworker-Stipendiaten


 

Wir freuen uns, zukünftige Arboristen auf ihrem Weg unterstützen zu können!

Deutschlandstipendium 2016/2017

Freeworker, Dein Fachhandel für Baumpflege und Seilklettertechnik!
Schnell – Kompetent – Zuverlässig

One Reply to “Deutschlandstipendium 2021/22 – Freeworker fördert Lynn-Anna Stollin”

  1. Gelungenes Interview mit gutem Fokus auf der Stipendiatin. Zeigt wie verschlungen die Wege sind und welche wichtige Rolle Zufälle spielen können (Begegnung mit dem Dozenten > Wiederaufnahme Studium). Von den Gehölzpathogenspürhunden höre ich zum ersten Mal. Spannend!

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