Deutsche Baumkletter­meisterschaft 2019 – Lange Tage in Ingolstadt

68 Starter, davon lediglich sechs Starterinnen, in der Vorrunde und acht Teilnehmer am Masters an zwei Tagen, der Zeitplan bei der 26. Deutschen Baumkletter­meisterschaft war eng getaktet. Entsprechend lang waren die Wettkampftage am Baggersee im bayerischen Ingolstadt. Bei nahezu bestem Kletterwetter kämpften sich die Starter durch die anspruchsvollen Stationen und es kam zu einigen Überraschungen bei den Mastersteilnehmern. Letztendlich zeigten am Ende dennoch die Favoriten ihre Stärken und setzten sich verdient durch.

Neuer kompakter Zeitplan

Deutsche Baumklettermeisterschaft 2019

Auch dieses Jahr starteten die Deutschen Meisterschaften mit dem Gear-Check an Himmelfahrt und am Freitag folgten die Vorwettkämpfe. Nachdem sich in den vergangenen Jahren jedoch die Masters der Damen und Herren auf Samstag und Sonntag verteilten, packten die Organisatoren beide dieses Jahr auf den Samstag. Für Teilnehmer, Jury und Helfer hieß das für die Vorwettkämpfe, zeitig loslegen und möglichst keine Verzögerungen aufkommen lassen.

Die Vorwettkämpfe

Entlang des Ufers des Sees zogen sich die Stationen der einzelnen Disziplinen und die Stände der Sponsoren. Im Mittelpunkt standen die klassischen Zuschauermagneten Rettung und Work-Climb. Das knifflige Rettungsszenario, bei dem der zu Rettende in einer Traverse festhing, meisterten in der knappen Zeit von sechseinhalb Minuten weniger als die Hälfte der Starter. Verzögerungen zu Beginn des Wettkampftages und die allgemein langen Abläufe bei der Rettung, sorgten für ein Nachsitzen von zwei der zehn Teilnehmergruppen. Sie stellten sich erst am frühen Samstag der Aufgabe, obwohl am Samstag bis zum letzten Sonnenstrahl geklettert wurde.

Den Weg nach unten durch die Eiche des Work-Climbs legten dagegen deutlich mehr Starter innerhalb des vorgegebenen Zeitfensters zurück. Bei den Herren setzte sich in beiden Disziplinen James Kilpatrik durch. Lisa Suchhardt beim Work-Climb und Eva-Maria Mauz in der Rettung triumphierten bei den Damen.

Bis spät in den Freitagabend zog sich ebenfalls das Einwerfen. Eine Pappel und eine Platane waren der Schauplatz bei der Throwline, die 2019 teilweise für viel Stimmung sorgte. Die nicht ganz einfache Station entschieden am Ende des Tages Felix Funke und die Spanierin Vanessa Tilan Fernandez für sich. Sie war eine von acht internationalen Startern bei der Deutschen Baumkletter­meisterschaft.

Etwas abseits vom Geschehen lagen der Ascent-Event und der Speedclimb. Ersterer bot für die Kletterer einen fantastischen Ausblick auf den See, welcher vielleicht bei den Teilnehmern die eine oder andere Anstrengung vergessen ließ. Die Titel im Ascent gingen 2019 an Hanna Purps und Fabian Weber, beide Ausbilder an der Münchner Baumkletterschule. Am schnellsten beim tricky Speedclimb waren in Ingolstadt Eva-Maria Mauz und James Kilpatrick.

Und ins Masters gehen …

In Summe aller Disziplinen qualifizierten sich bei den Frauen neben der Deutschen Meisterin von 2017 Eva-Maria Mauz, die beiden Debütantinnen Hanna Purps und Lisa Suchhardt. Sie kletterten zum ersten Mal auf einer Deutschen Meisterschaft ein Finale. Auch bei den Herren gab es mit Felix Funke und Wanja Malik zwei „Neulinge“ im Masters der Deutschen Meisterschaft. Fabian Weber, Björn Lüdeke und James Kilpatrick komplettierten das Teilnehmerfeld. Letzterer gehörte zu den Startern, die erst am Vormittag den Rettungsparcours absolvierten. Aufgrund der Verzögerungen ging es für alle umgehend nach Bekanntgabe der Ergebnisse zu den Mastersbäumen.

Die Mastersbäume

Das Masters der Deutschen Baumkletter­meisterschaft 2019 fand auf zwei ausladenden Platanen statt. Eine Wahl, die durch die von Blättern und Früchten der Baumart ausgehenden Pflanzenstäube nicht unproblematisch ist. Eine mögliche Eiche fiel wegen EPS-Befall und aus organisatorischen Gründen als Mastersbaum aus. Entsprechend stellten die Organisatoren Schutzmasken bereit und planten für jeden Teilnehmer drei Trinkpausen ein. Wenn auch keiner der Kletterer die angebotenen Masken nutzte, war allen während und nach dem Klettern die zusätzliche Belastung anzumerken.

Masters Time

 

Masters der Damen

Da die Damen dieses Jahr die gleichen Bäume kletterten wie die Herren, mussten sie nur drei der vier Stationen ankletterten. Als erste von den Frauen startete Lisa in ihr Masters, dass sie zunächst nicht klettern wollte. Gleich bei ihrer ersten Deutschen Baumkletter­meisterschaft qualifizierte sie sich als Vorrundenerste für das Masters und ihre Kolleginnen ermunterten sie, dieses auch zu klettern. Und auch da war gleich der erste Schuss mit der BigShot in der Gabel. Mit vielen praktischen Tipps vom Publikum ging es von Glocke zu Glocke und am Ende fehlten wenige Sekunden zum Seilausbau.

Als zweite startete Eva-Maria. Schnell war die erste Station erreicht, bevor sie einen langen Weg wählte, um zur nächsten Glocke zu klettern. Mit lediglich sechs Minuten auf der Uhr erreichte sie die erste der letzten beiden Stationen, die sie beide durch eine clevere Routenwahl anschließend ruck zuck abarbeitete. Am Ende blieb sogar ausreichend Zeit, um unter dem Jubel der Zuschauer die Seile auszubauen. Als Letzte startete die zunächst sichtlich nervöse Hanna in ihr erstes Masters. Mit dem Klettern legte sich die Nervosität und sie erreichte alle Glocken und vermied fast noch den Timeout.

Nach Auswertung der Zahlen und Bewertungen der Jury stand Eva-Maria Mauz zum zweiten Mal als neue Deutsche Meisterin im Baumklettern fest. Auf Platz zwei landete Hanna, die damit neben der Deutschen Meisterin auf die Europameisterschaft nach Rügen fahren darf, knapp vor Lisa, die Dritte wurde.

Masters der Herren

James und Fafa waren die großen Favoriten, auf welche die Zuschauer warteten. Als erster ging jedoch der Debütant Wanja an die Bäume. Ruhig und entspannt baute er seine Seilsysteme ein und kletterte sich von Station zu Station. Ihm fehlten am Ende ein paar Sekunden, um seine Seile aus dem Baum zu bekommen. Trotz seiner Erfahrungen mit Masters und ohne, dass es sofort sichtbar war, war Fafa auch diesmal aufgeregt. Sobald jedoch die Uhr lief, zeigte er seine Stärken. Schnell baute er seine zwei Aufstiegseile ein. Zügig ging es anschließend hoch in die Baumspitze und an die Glocken. Auch ein gescheiterter Pullback des Klettersystems, der dieses Jahr im Masters häufiger zu sehen war, hielt den erfahrenen Meisterschaftskletterer nicht davon ab, ihn im zweiten Baum erneut und diesmal erfolgreich durchzuführen.

In seiner unnachahmlich ruhigen und zielstrebigen Art zeigte James als dritter Starter dem Publikum wie Baumklettern nahezu in Perfektion aussieht. Ohne weiteren Bodenkontakt kletterte er die Glocken an beiden Bäume ohne einen Hauch von Hektik oder Anstrengung ab. Nachdem er ohne Zeitstress die Seile ausgebaut und sauber in den Seilsäcken verpackt hatte, stand fast fest, über wenn der Sieg im Masters läuft.

Die Zeit läuft

 

Pech hatte der vierte Starter Björn. Früh musste er beim Seileinbau eine Verwarnung durch die Jury hinnehmen. Danach kletterte er geschmeidig Station um Station ab und glitt durch die Bäume, bevor ihm an der letzten Glocke ein weiteres Missgeschick unterlief. Zu früh löste er seine Kurzsicherung, was eine weitere Verwarnung und die damit automatische Disqualifikation nach sich zog. Bei bereits tiefstehender Sonne trat der letzte Starter in den Mastersring. Auch für Felix war es das erste Masters auf einer Deutschen Meisterschaft. Ähnlich wie James kletterte er mit einem Aufstiegsseil in den Baum und mit seinem Klettersystem alle Glocken an. Der hohe Aufwand, um das System und den Ankerpunkt mehrmals umzubauen und die kleinen Aufstiege zwischendurch kosteten jedoch zu viel Zeit. Er erreichte gerade noch den Boden bevor die vorgegebene Kletterzeit von 35 Minuten erreicht war.

Mit enorm starken 265,3 Punkten gewann der für Neuseeland startende James Kilpatrick das Masters bei der Deutschen Baumkletter­meisterschaft. Zweiter und damit neuer Deutscher Meister 2019 wurde Fabian Weber, der ebenfalls wie Eva-Maria 2017 seinen ersten Deutschen Meistertitel feierte. Mit nach Rügen fahren Felix Funke und Björn Lüdeke, da der viertplatzierte Wanja Malik aus Termingründen nicht an der EM teilnehmen kann.

Ergebnisse und Zahlen

 

War sonst noch was?

Natürlich gibt es neben dem Baumklettern noch einiges aus Ingolstadt zu berichten. Beim zum zwölften Mal stattfindenden Wettbewerb in der visuellen Baumkontrolle hatte Lukas Winterer die besten Augen und Fachkenntnisse. Bernhard Schütte von der Münchner Baumkletterschule führte gewohnt kenntnisreich und humorvoll durchs Masters. Die Organisation war bis auf die üblichen Kleinigkeiten gelungen und das Wetter war nicht zu heiß und bis auf ein paar Tropfen am Freitag trocken. Der große Dank gehört den vielen Helfern, Freiwilligen und natürlich den Teilnehmern, die mit viel Leidenschaft und Ausdauer eine Baumklette­rmeisterschaft zu dem machen, was sie ist!

Leider war die Stimmung 2019 an beiden Tagen ein wenig blass und nur wenige Gäste aus der Szene oder zufällige Zuschauer besuchten die Meisterschaft. Selten schwappte ein kräftiger Applaus, oder ein begeisternder Jubelsturm übers Gelände. Vielleicht war die Aussicht auf ein kühlendes Bad im Baggersee zu verlockend?

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